Im Gespräch mit Redakteurin Karen Schreiber für den TAH über die Herausforderungen 2024.
BOFFZEN. Die Baugenehmigung liegt noch ganz frisch auf dem Tisch des Samtgemeindebürgermeisters; noch im ersten Quartal dieses Jahres sollen die Arbeiten am Sport- und Gemeindezentrum in Derental beginnen. Das Multifunktionsgebäude, das Vereine, Kinderbetreuung, Politik und private Veranstaltungen unter einem Dach vereint, wird bis Ende 2025 barrierefrei umgebaut und energetisch saniert – für 2,8 Millionen Euro, darunter 2,205 Millionen Euro Fördermittel. Die Sanierung der Anlage, so Wenkel, trifft politisch auf „sehr breite Unterstützung“. Das Hallenbad wird allerdings nicht saniert und wieder reaktiviert; die Kosten dafür seien – auch in der Unterhaltung – zu teuer. Der Schwimmunterricht laufe für die Kinder aus der Samtgemeinde Boffzen „auch über die Weser hinaus sehr gut“; Wenkel spricht von sehr guter interkommunaler Zusammenarbeit mit der Stadt Beverungen. So im Übrigen auch mit der Stadt Höxter. Mit beiden Kommunen habe man in Sachen Brückenbauten sehr gut zusammengearbeitet.
Hat die Samtgemeinde Boffzen auch von der Landesgartenschau in Höxter profitiert?
„Es ist vielen Besuchern bewusst geworden, was die Region zu bieten hat“, meint Wenkel. Und die werden auch wiederkommen. Er sieht nicht nur seine Samtgemeinde allein, sondern den Tourismus der ganzen Weserschiene. Ob Fürstenberger Porzellanmanufaktur, Schloss Corvey oder Skywalk: „Wir sind hier eine Region“, betont er.
Neues großes Förderprojekt in Planung
Und in die darf und soll gerne Geld fließen: Aktuell bewirbt sich die Samtgemeinde Boffzen um ein weiteres, Millionen schweres Förderprojekt beim Bund. Es geht um Klimaschutz im ländlichen Raum: So soll die brach liegende Bahntrasse in Boffzen begehbar gemacht und zum Bürgerpark ausgebaut, die Flächen entsiegelt und Schattenräume geschaffen werden. In Zusammenarbeit mit zwei Professoren der FH Ostwestfalen-Lippe seien weitere Ideen für den Antrag entstanden; wenn’s läuft wie gedacht, erhält die Samtgemeinde 1,9 Millionen Euro Fördergelder und gibt noch gut 300.000 Euro dazu.
Für ein weiteres Projekt sollen die Weichen in Kürze auch gestellt werden:
Neben dem Sport- und Gemeindezentrum soll auch das Feuerwehrgerätehaus in Derental erweitert werden. „Die Politik wird hierzu im ersten Quartal eine Entscheidung treffen“, erklärt Wenkel, der der Freiwilligen Feuerwehr eine „absolut positive Entwicklung“ bescheinigt. Trotzdem sei natürlich die Mitgliedergewinnung weiterhin ein Problem; „der Zusammenschluss von Ortswehren hat sich am Beispiel Lauenförde und Meinbrexen als positiv gezeigt“, so der Samtgemeindebürgermeister.
Besonderes Engagement der Bürger:
Und da ist er schnell beim Thema Ehrenamt: Das suche in der Samtgemeinde Boffzen „weiterhin seinesgleichen“, so Wenkel und hebt die Dorfvereine in Boffzen, Lauenförde und Meinbrexen hervor. Vieles könne nur dank des Ehrenamtes und durch das Engagement der Vereine umgesetzt werden. Denn zum Beispiel für Kinder- und Jugendarbeit habe man nicht viel eigenes Budget.
Überhaupt: Mit Kritik an Bund und Ländern spart Wenkel nicht, denn: „Die Menschen verstehen es nicht mehr, dass wir keine Gelder haben, um unsere Schlaglöcher in den Straßen zu reparieren oder adäquate Spielplätze für unsere Kinder zu unterhalten, auf der anderen Seite aber mehr und mehr Geld für politisch motivierte Vorhaben bereitstellen“, betont Tino Wenkel und fordert ein Umdenken bei der Frage nach der Verteilung der Gelder sowie eine drastische Aufgabenkritik im Interesse der Bürger. Allein aus „Bürgers Brieftasche“ über Erhöhung von Grundund Gewerbesteuer die vielfältigen Aufgaben in der Samtgemeinde zu finanzieren, die ja zur Grundsicherung gehören, sei der falsche Weg. Immer mehr neue Aufgaben kommen für die kleinen Gemeinden hinzu; „die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand“, betont Wenkel. An der Basis werde man alleine gelassen, die Politik in Bund und Land setze falsche Prioritäten. Als Beispiel führt er die Kreisumlage an: Der Hebesatz der Kreisumlage und die damit verbundene Zahlungsverpflichtung werden für die Mitgliedsgemeinden in Form eines Festsetzungsbescheides erhoben. Gegen diesen Bescheid wollen einige Mitgliedsgemeinden, darunter die Samtgemeinde Boffzen, eine Klage beim Verwaltungsgericht Hannover einlegen, um eben auch mal einen Präzedenzfall zu schaffen.
In der Schuldebatte mehr Zuschauer
Im Rahmen der aktuellen Schuldebatte im Landkreis Holzminden ist Tino Wenkel mehr Zuschauer; es ist ein Bruchteil, den die Samtgemeinde Boffzen für ihre beiden Grundschulen aus der Kreisschulbaukasse zieht. Aber einzahlen, das tut sie eben auch. Apropos Schulen: Zuständig für die Umsetzung des ab 2026 geltenden Ganztagsangebots sind die Kommunen vor Ort. Doch dafür braucht es Gelder aus Hannover und Berlin, alleine wuppen lässt sich das nicht. „Wir werden neben unseren Zuständigkeiten für weitere Aufgaben verantwortlich gemacht, ohne dafür auch nur im Ansatz die erforderliche Finanzierung zu bekommen“, beklagt Wenkel. Als Beispiele nennt er die Kindertagesstätten und die Migrationspolitik, wie sie derzeit praktiziert wird. Kostenlose Kita-Plätze findet Wenkel gut; die Einnahmen fehlen aber der Kommune.
„Super Team“ in der Verwaltung
Doch jammern, das möchte er nicht, sondern für die Bürgerinnen und Bürger da sein und für sie kämpfen und da, wo es geht, Fördermittel an Land ziehen. Seit Mai 2020 macht Wenkel das nun in seiner Funktion als Samtgemeindebürgermeister und das mit einem „super Team“, wie er sagt. 43 Mitarbeitende hat die Samtgemeinde Boffzen; laut Wenkel gibt es wenig Fluktuation, Führungspersonal wird aus den eigenen Reihen entwickelt, „Personal ist unser höchstes Gut“. Auf der Agenda innerhalb der Verwaltung steht für die Samtgemeinde nun der weitere Ausbau der Digitalisierung, so auch das Dokumentenmanagement, hin zu einer papierlosen Verwaltung. Hier ist die Samtgemeinde Boffzen allerdings auch schon sehr weit. „Sowohl beim Thema Datenschutz als auch beim Onlinezugangsgesetz haben wir ein sehr fleißiges Projektteam, das uns in die
Lage versetzt, zahlreiche Dienstleistungen auf digitalem Weg anzubieten. Unser Rechenzentrum verweist andere Kommunen im Rahmen der Netzwerkarbeit regelmäßig an mein Team“, freut sich Tino Wenkel.